„Gemeinsam schaffen wir das!“
Diesen Satz hörten wir im Frühjahr 2020 unzählige Male. Die Welt wurde vom Coronavirus in rasender Geschwindigkeit erobert. Eine Panik brach aus, Hamsterkäufe wurden getätigt, die Selbstisolation ausgerufen, ganze Städte unter Quarantäne gesetzt. Horrorszenen könnte man sagen.
Mein Name ist Sabrina Podesser und ich bin eine 16-jährige Schülerin aus Klagenfurt. Rückblickend auf die Krise bin ich auf einige Erkenntnisse gestoßen, die ich gerne teilen möchte. Ich erinnere mich noch gut an den Anfang der schwierigen Zeit. Wir alle sahen es locker und scherzten über den Virus, da er ja „nur“ in China ausgebrochen war. Tausende Kilometer entfernt und somit nicht unsere Sorge geschweige denn unser Problem. Doch als der Virus in Italien angelangt war, veränderte sich etwas. Die Menschen wurden angespannt, panisch. Sie spürten die Anwesenheit von etwas Dunklem, das unaufhaltbar schien. Als dann die ersten Ausgangsbeschränkungen verhängt wurden, realisierten wir schnell, dass es doch schlimmer als eine einfache Grippe war. Tagtäglich hörte man in den Medien von Todesopfern und Hunderten Neuinfizierten. Es war zum Verrücktwerden. Überall wo man hinblickte, las man von dem neuen, gefährlichen Virus, der Teile der Menschheit ausrottete.
Doch hatte all das nur schlechte Seiten? Ich würde diese Frage mit „nein“ beantworten, denn die Pandemie brachte auch gute Dinge mit sich. Wenn wir an die Zeit vor der tiefen Krise denken, wissen wir, dass alles zu schnell ging. Egal, ob es um Kommunikation oder Produktion ging, der Stress und die Hektik saß tief in den Poren des menschlichen Körpers. Der Virus verlangsamte die Welt, wir konnten endlich wieder Luft holen. Globalisierung stand nicht mehr im Vordergrund, sondern Überleben. Vielleicht war es etwas, das die Menschheit, die Natur und unser Planet dringend gebraucht hatten. Eine Pause von all dem Gewicht, das über uns schwebte und drohte, auf uns herab zu stürzen und uns zu erdrücken. Plötzlich schienen unsere Probleme des Alltags klein und belanglos. Kontakte, Freundschaften und Beziehungen wurden nach langer Zeit wieder gepflegt und erlangten ihre Wichtigkeit zurück. Streitigkeiten wurden gelöst und Zusammenhalt wurde zum neuen Lebenselixier. Ein gutes Beispiel sind die Italiener, die am Balkon standen und gemeinsam sangen, um sich Hoffnung zu geben. Auch die Natur erholte sich rasant. Die Luft wurde klarer und reiner, die Tiere kamen aus ihren Verstecken, die Vögel zwitscherten lauter als jemals zuvor, die Flüsse wurden klarer, der Smog in Großstädten verschwand, seit Jahren konnte man wieder einmal den Grund des Kanals in Venedig sehen. Der Planet konnte wieder atmen und sich von all dem erholen, was der Mensch ihm zugefügt hatte.
Es stellt sich die Frage, wenn sogar ein Virus so etwas bewirken kann, warum nicht auch die Menschheit? Es zeigt nur, dass wir zu sehr auf etwas fixiert sind, mit dem es keine Zukunft geben wird. Was nützt uns Geld und Macht, wenn wir nicht mehr leben können? Rückblickend sollten wir den Virus als eine zweite Chance sehen. Als eine Chance, Dinge in Ordnung zu bringen, unser Verhalten zu überdenken, unsere Einstellung zu ändern, langsamer zu werden, uns auf wichtige Dinge wie Zusammenhalt zu konzentrieren. Eine Möglichkeit auf einen Neuanfang. Eine neue Ära unseres Planeten konnte beginnen, in der die Natur und das Wohlergehen der Menschen im Mittelpunkt steht. Nicht die Macht, das Geld und die Globalisierung. Vielleicht war die Pandemie ein Weckruf, der dringend gebraucht wurde, bevor es zu spät war uns zu retten. Er sollte uns zeigen, dass es in erster Linie darum geht, niemanden im Stich zu lassen. Denn wir realisierten plötzlich, dass man gemeinsam stärker ist und auf was es im Leben ankommt. Die Krise ließ uns menschlich werden.
Dieser Text wurde im März 2020 verfasst. Ich musste ihn für die Schule schreiben in Bezug auf einen Zeitungsartikel. Der Auftrag war es, einen Rückblick zu schreiben, obwohl wir uns noch mitten in der Krise befanden. Zu diesem Zeitpunkt stand die Pandemie in Österreich am Anfang. Durch den Lockdown gingen die Zahlen nach unten und es schien, als würden wir die Krise in den Griff bekommen. Im Mai kam dann die erlösende Nachricht unseres Bundeskanzlers: die Selbstisolation wurde aufgehoben, es wurde Präsenzunterricht eingeführt und die Maskenpflicht gelockert. Der Lockdown wurde beendet und wir bekamen ein Stück Normalität zurück. Doch der Höhenflug war bald zu Ende. Nach dem Sommer traten die nächsten Einschränkungen in Kraft. Die Oberstufe war ein knappes Monat in der Schule und wurde Ende Oktober ins Distance-Learning geschickt. Der Bundeskanzler rief einen erneuten Lockdown aus: „Lockdown light“ heißt es dieses Mal. 2020 war und ist unglaublich kräfteraubend. Es gab zahlreiche Verluste. Wenn es keine Angehörigen oder Bekannten waren, dann war es der Spaß. Persönlich war das Jahr mehr als nur schwierig. Die Schule war stressig, soziale Kontakte waren kaum vorhanden und das Fortgehen fehlte. Das ständige Fragen, wie lang man denn noch zu Hause bleiben muss, wann man seine Freunde endlich wiedersehen darf und wann es endlich vorbei ist, ist eine starke psychische Belastung. Es ist alles nur noch ein Rätsel. Kommen die nächsten Einschränkungen? Wann wird es besser?
Es gibt jedoch einen kleinen Hoffnungsschimmer. Ein Impfstoff wurde gefunden und ist gerade im Prozess zur Zulassung. Vielleicht ist es endlich so weit. Es starben unzählige Menschen. Freiheiten wurden geraubt und die Jugend verlor ihre „goldene Zeit“: Vielleicht ist es endlich soweit, dass wieder Normalität zurückkehrt. Vielleicht ist es endlich soweit, dass die Menschheit aufatmen darf. Doch so wie es vorher war, wird es nie wieder sein. Zu viel Schaden wurde angerichtet. Zu tief sind die Wunden des Verlusts und der psychischen Belastung. Vielleicht ist es endlich soweit, dass wir aufatmen können. Vielleicht ist es endlich soweit, dass wir ohne schlechtes Gewissen hinaus gehen, unsere Freunde umarmen und Spaß am Leben haben. Vielleicht ist es endlich soweit, dass der Frust der Menschen und die Wut auf die Regierung und das Schicksal verschwinden.
Ich habe auch heute, im November, noch die Hoffnung, dass die Menschen durch diese Pandemie lernten, worauf es wirklich ankommt. Dass Umsatz und Wirtschaft nicht die Priorität sein sollte, sondern Menschenleben. Was das Klopapier kaufen angeht, da lernten die Menschen auch im zweiten Lockdown nichts.
Doch wer weiß, vielleicht ist es bald soweit und wir können wieder husten, ohne uns schlecht zu fühlen. Und wer weiß, vielleicht ist Covid-19 nur ein Vorgeschmack auf das was noch kommt. Doch mit Glauben an eine bessere Zukunft, Durchhaltevermögen und vor allem Zusammenhalt werden wir auch dies überwinden.