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Von Masken, Lernplattformen und Geschenken unter Fenstern

Mit meinem Tüten-Eis in der Hand setze ich mich auf eine Bank und schaue mich um. Die Mundschutzmasken an den Menschen bringen mich zum Nachdenken. Anfang März hätte ich nie damit gerechnet, dass sich mein Leben so sehr verändern würde.  Alles begann an einem Wochenende Ende Jänner. Ich saß so wie der Rest meiner Familie auch am Esstisch. Mein Vater schaute sich auf seinem Handy die aktuellen Nachrichten an. Nach kurzer Zeit erzählte er uns, ein neues Virus wäre in China ausgebrochen. Ernst genommen habe ich es damals noch nicht wirklich. Im Internet steht immerhin vieles, das man nicht glauben soll. Am Tag darauf musste ich wieder in die Klinik. Jeden Tag wurde mir immer mehr über das Corona-Virus angezeigt. Langsam wurde ich doch unsicher, was diese Sache anging. So viele starben daran, doch trotzdem machten sich sämtliche Menschen in meiner Umgebung darüber lustig. An jedem Wochenende berichteten mir meine Eltern von der Ausbreitung des Virus. Ich fing an, mir Sorgen zu machen.

Im März ging ich nach langer Zeit wieder auf meine Schule. Trotz mancher Ängste und plötzlicher Stimmungsschwankungen war ich glücklicher denn je, am Unterricht teilnehmen zu können, da ich lange Zeit krank gewesen war. Es machte mir Spaß, neuen Stoff zu lernen. Das einzige Problem war, dass ich noch viel nachzulernen hatte. Nach zwei Wochen wurden die Schulen geschlossen. Das war die perfekte Gelegenheit für mich, etlichen Schulstoff nachzuholen. Und so saß ich oft den ganzen Tag in meinem Zimmer und lernte. Mein Tag begann für mich immer gegen sechs Uhr. Zähneputzen, essen, mich umziehen und nach den Lernplattformen schauen. Dann war ich den ganzen Tag lang schulisch beschäftigt. Vor dem Schlafengehen lernte ich jeden Abend um die 40 Vokabeln in Italienisch.

Am Anfang hatte ich Probleme mit den vielen Lernplattformen. Es gab so viele davon und jede funktionierte anders, doch nach nicht allzu langer Zeit hatte ich „den Dreh raus.“ Und so verbrachte ich meine Zeit bis Ostern. In den Ferien war mir sehr langweilig. Alle Arbeitsaufträge waren erledigt, die Vokabeln konnte ich nur wiederholen.
Am Ostermontag wollte meine Familie meine Großmutter besuchen. So gingen wir mit Masken zu meiner Oma und stellten uns vor ihr Fenster. Wir hatten ihr Geschenke mitgebracht. Jedoch mussten wir feststellen, dass sie sich davor fürchtete, näher zum Fenster zu gehen. Wir ließen die Sachen für sie auf dem Balkon zurück und begaben uns wieder auf den Weg nach Hause.

Am ersten Tag nach den Ferien hatte ich Geigenunterricht über Skype. Die Videoqualität war mäßig, der Ton verzerrt. Doch trotzdem habe ich die Stunde genossen. Ich teilte mir die schulischen Arbeitsaufträge mit einem Wochenplan besser ein. Am Abend hatte ich daher Zeit zum Zeichnen, Lesen oder zum Violine-Üben. Der Kontakt zu den russischen Familienmitgliedern hat sich nicht sonderlich geändert. Täglich führten wir untereinander Videotelefonate über WhatsApp. Auch in Deutsch, Mathematik und Physik kommunizierten wir teilweise über Videokonferenzen. Einmal durfte unsere Klasse sogar bei einem Online-Workshop zum Thema „Corona und Fake-News“ teilnehmen. Ich fand den Vortrag sehr lehrreich und lustig. Außerdem konnte ich über Skype meine Psychologin sehen. Zwischendurch habe ich mich eingesperrt gefühlt. So vieles wurde geschlossen. Eisgeschäfte, Einkaufszentren, Fußballstadien, Parks, Kinderspielplätze und vieles mehr. Jedoch ist es den Menschen in Ländern mit mehr Fällen viel schlimmer gegangen. Sie waren wie gefangen in ihren eigenen Häusern. Auch die Kinder und generell alle Menschen in Krankenhäusern taten mir leid. Sie konnten nicht raus und bekamen anfangs nicht einmal Besuche. Darum bin ich sehr dankbar, zu Hause sein zu dürfen.

Nach zwei Monaten ging die Schule endlich wieder los. Am Eingang wurden die Hände desinfiziert. Unsere Masken durften wir nur auf unseren Sitzplätzen ablegen, Abstand musste selbstverständlich untereinander gehalten werden. Da die Klassen halbiert wurden, ist es viel leiser geworden. In den Pausen durften nicht alle gleichzeitig raus. Unserer Klasse ist das nur in der zweiten Pause erlaubt gewesen.

Da sitze ich nun mit dem restlichen Eis in der Hand. An alle Regeln muss man sich halten, in Panik geraten soll man aber nicht.